Peter Ledermann

Vorstand Unite Network AG

Wie bei vielen anderen Unternehmen auch war bei der Mercateo Gruppe ab März diesen Jahres durch die Corona-Pandemie Homeoffice angesagt. In Kooperation mit dem FIF hat allerdings Peter Ledermann, Vorstand der Mercateo Gruppe, diese Situation genutzt und die Tagebuchstudie von unserer Partnerin Laura Bechthold mit den Mitarbeitern im Homeoffice durchgeführt. So sollten die Mitarbeiter/innen eben nicht alleine vor ihrem Computer gelassen werden, sondern verstanden werden, welche Gedanken sie umtreiben. Die Ergebnisse der Tagebuchstudie zeigen, dass die Zeitersparnis durch wegfallende Arbeitswege, funktionierende Infrastruktur und Ablenkungen vor Ort zwar geschätzt wurden, aber der persönliche Austausch fehlte. Um dieses Problem zu lösen wurden gemeinsam gefrühstückt, Kaffee getrunken und Sport gemacht. Inzwischen können die Mitarbeiter/innen frei entscheiden, ob die im Büro oder aus dem Homeoffice arbeiten möchten. Die besondere Reaktion auf die Situation, die gute Unternehmenskultur und damit das sehr gute Krisenmanagement wollen wir hier hervorheben und somit Peter Ledermann und die gesamte Mercateo Gruppe als “Weiterdenker des Monats” honorieren.

Was sind Ihre persönlichen Learnings aus der Tagebuchstudie und der Zeit im Homeoffice?

Ich habe selbst an der Tagebuchstudie teilgenommen. Ich halte nämlich gar nichts davon, wenn Chefs Dinge von ihren Mitarbeiter/innen verlangen oder erwarten, die sie nicht selbst tun oder tun würden. Meine Learnings ergeben sich daher aus der Außenbetrachtung und aus eigenen Erfahrungen. 600 Mitarbeiter/innen verschiedenster Bereiche, in 12 Ländern, wechselten innerhalb von 2 Tagen ins Homeoffice. Dabei hat die Tagebuchstudie uns alle ermutigt, die Zeit im Homeoffice regelmäßig zu reflektieren. Fühle ich mich gestresst? Was gelingt mir gut, was fehlt mir? Jeder konnte loswerden, was ihm auf der Seele lag; jeder konnte auch loben. Wir hatten mit den regelmäßigen Auswertungen die Entwicklung immer im Blick und konnten gezielt reagieren. Beispielsweise mit Online-Seminaren zu „Webmeetings“ oder „Führen auf Distanz“. Aber auch ganz banal. Manche wünschten sich einen zweiten Bildschirm, so wie im Büro. Das haben wir schnell organisiert. Gleiches mit fehlenden Bürostühlen. Spannend waren die Freitexte. Mitarbeiter/innen berichteten, durch das virtuelle Arbeiten seien Standorte näher zusammengerückt als vorher. Das hatte ich so nicht im Kalkül. Wichtig war, dass ich in meinem regelmäßigen Update-Videocall stets auf die Befragung hingewiesen und Zwischenergebnisse mitgeteilt habe. Dadurch wussten alle, dass das nichts für die Schublade ist und so blieb die Teilnehmerzahl hoch. Permanente Begleitung und Kommunikation sind enorm wichtig. Persönlich lernte ich schnell, dass es auch im Homeoffice Feierabend gibt und ich den Rechner abschalten muss. Die Effizienz ist erstmal höher, da fast alle Gespräche geplant sind. Allerdings fehlt mir die zufällige Interaktion, z.B. am Kaffeetresen. Toll ist natürlich auch, dass ich mehr Zeit bei meiner Familie verbringen kann.

Wie sieht, Ihrer Meinung nach, die Zukunft des Arbeitens, gerade auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, aus?

Die Corona-Pandemie war ein Beschleuniger des virtuellen Arbeitens und der Digitalisierung. Vieles, von dem wir glaubten, es sei virtuell nicht schaffbar, musste gehen und ging dann auch. Ein Zurück zu Vorher wird es nicht geben. Die Arbeit im Homeoffice nimmt zu. Das heißt, wir müssen alle lernen, virtuell zu arbeiten. Wenn einige im Büro sind und der Rest des Teams nicht, dann müssen auch die im Büro so arbeiten, als wären sie alleine vor ihrem Rechner. Im Besprechungsraum auf dem Whiteboard zu arbeiten, ohne dass die im Homeoffice das sehen können, ist sinnlos. Für alle von überall zugängliche Informationen und Bearbeitungsstände sind notwendig. Für mich gibt es drei Gründe, warum Mitarbeiter/innen ins Büro kommen. Erstens, weil es da ruhiger ist als Zuhause und sie die Distanz Arbeit/Zuhause brauchen. Zweitens, um andere zu treffen. Das hebt auch in der Raumplanung Teamgrenzen auf. Wenn keiner da ist, dann will ich da sitzen, wo Menschen sind. Abteilungsbereiche verschwimmen. Drittens, Mitarbeiter/innen kommen ins Büro wegen der Team- oder Projektarbeit vor Ort. Die drei Gründe beeinflussen somit die notwendige Raumstruktur, die hochflexibel sein muss. Pro Schreibtisch wird es rechnerisch mehr Mitarbeiter geben. Die technische Ausstattung muss dafür da sein, wie auch Nischen für Videokonferenzen. Wenn wir virtuell arbeiten, ist es auch egal, wie weit weg jemand Zuhause sitzt. Wir werden hier über gleiche Zeitzonen, aber eben nicht mehr gleiche Orte reden. Alles wird damit internationaler und interkultureller. Eine Riesenchance, keine Bedrohung. Umso wichtiger wird dann aber das gemeinsame WIR, die kulturelle Integration, die gemeinsamen Werte, eine gemeinsame Sprache. Eine aufregende Herausforderung.

Wie gehen Sie in einer unsicheren und risikoreichen Situation vor? Welche Vorgehensweise(n) können Sie uns für eine bessere Krisenfestigkeit empfehlen?

Wichtig ist keine Panik. Meine Kollegen/innen und ich versuchen immer, möglichst früh in verschiedenen Szenarien zu denken. Wir haben frühzeitig damit kalkuliert, dass Corona eine Pandemie sein wird. Damit waren wir vorbereitet, wenn alle ins Homeoffice müssen. Es geht nicht darum, sich Dinge schön zu reden oder zweckpessimistisch zu sein, um sich zu freuen, wenn alles besser wird. Hier hilft nur, auf verschiedene Szenarien vorbereitet zu sein. Die nötige Gedankenvielfalt erreicht man zum einen durch Charaktervielfalt im Management. Und indem man möglichst viele Meinungen und Sichtweisen aus verschiedenen Bereichen einholt. Kein stilles Kämmerlein des Chefs. Wenn Ereignisse eintreten, dann muss man konsequent handeln. Da Entscheidungsträger und Multiplikatoren vorher mit einbezogen waren, verstehen sie die Konsequenzen. Wahnsinnig wichtig ist die transparente Kommunikation innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Keine Geheimniskrämereien. Wahrheiten sind Wahrheiten. Mitarbeiter und auch externe Partner sind viel verständiger sind als wir alle oft glauben. Und wenn diese Kommunikation schon in Nichtkrisenzeiten gut geführt wird, dann ist man auch in Krisenzeiten glaubwürdiger. Neben allgemeinen Ratschlägen, wie mehrere Standbeine, genügend Kapital und so weiter, trägt zur Krisenfestigkeit ein permanentes Hinterfragen der Aufstellung und des Handelns des Unternehmens bei. Die Komfortzone ist bequem und da aktiv rauszugehen, ist eine Überwindung. Uns hilft hier auch unsere komplementäre Aufstellung im Management. Da hinterfragt eigentlich immer jemand kritisch einen frühen Standpunkt. Aber reden Sie mal bei schönem Wetter auf See, wie das mit den Segeln im Sturm sein wird. Da hat doch keiner Lust. Aber es hilft. Denn dann kommt nach der Komfortzone die Entwicklungszone und nicht gleich die Terrorzone.

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